… zumindest begann für mich als Mutter alles mit einem großen Schrecken.

Zu Anfang unserer Reise haben wir uns sehr bedeckt und im Hintergrund gehalten. Wir waren leise und haben uns versteckt – und dachten oft „Das kann doch jetzt echt alles nicht wahr sein!“

Im Laufe der Zeit wurden wir allerdings immer „lauter“ – auch und vor allem deswegen, weil man wirklich die unglaublichsten Sachen erlebt während dieser Reise durch die Bürokratie, Paragraphen und Interessen der unterschiedlichen „Parteien“.
Das Schlimmste waren die Unwahrheiten und zum Teil sogar Diffamierungen, die wir erleben mussten. Es ging der Gegenseite in weiten Strecken überhaupt gar nicht um Marie-Helen, ihre Bedürfnisse und Beweggründe für selbstbestimmtes Lernen, uns als Familie und unsere Situation – sondern offensichtlich einzig und allein darum sich durchzusetzen und „zu gewinnen“.

Aufgrund dieser Unwahrheiten und auch teils abstrusen Beschlüsse haben wir uns entschieden, in die Öffentlichkeit zu gehen und unseren „Fall“ bekannt zu machen. Zunächst kamen Artikel in der Presse, dann Beiträge im Fernsehen. Im Verlaufe der Zeit kam uns dann die Idee und der Mut auf eine eigene website. Nun sind wir bereit, offen über uns zu berichten. Denn was haben wir zu verlieren? Am Ende gibt es doch nur etwas zu gewinnen – nämlich die Anwendung unserer Grundrechte auch für unsere Jüngsten, für unsere Kinder!

………..

Es begann alles in der Weihnachtszeit – der Zeit er Liebe und des Miteinanders – 2015. Wir waren auf einem Weihnachtsmarkt und schmökerten durch die angebotenen Leckereien und Kostbarkeiten. Dort verkaufte eine Familie selbstgemachte Cremes und Kosmetikprodukte. Marie-Helen – oder auch einfach „Mimi“ – fragte, woher die Kinder kämen. Dann wunderte sie sich – wie kann man von weit herkommen, hier abends seine Waren anbieten – wenn doch am nächsten Morgen früh wieder Schule ist?

„Wir gehen nicht zur Schule.“

Mimi war geschockt – und sofort hell begeistert! Nicht nur in anderen Ländern gibt es also junge Menschen, die sich nicht in der Schule bilden – sondern auch hier bei uns – in Deutschland?!?!

„Mama – und wann mache ich das??“

Das war die sofortige Reaktion. Voller Begeisterung freute sich meine Tochter auf mögliche Optionen…
Und ich sah bereits – allerdings noch sehr in der Ferne – etwas auf uns zukommen.

„Ja, ich werde mich informieren“, sagte ich und versprach ihr, mich mit dem Thema auseinander zu setzen.

Bei meiner Recherche stieß ich auf die „Freilerner“. Ich konnte mir das alles überhaupt nicht vorstellen – schließlich war ich Lehrerin. Wie sollten Kinder „allein“ lernen. Nach ihren „Bedürfnissen“. Wie sollte das alles funktionieren?? Und dennoch schien es Menschen hier bei uns im Land zu geben, die diesen Weg beschritten hatten – nämlich ihre Kinder nicht in der Institution Schule bilden zu lassen – sondern sie in einem selbst gewählten Umfeld lernen zu lassen.

Allerdings wurde mir auch bei der Recherche bewusst – was ich ja eigentlich schon vorher gewusst hatte: Es ist eben nicht erlaubt – zumindest nicht hier bei uns in Deutschland. Eine solche Entscheidung bringt hier nur Streß und Probleme mit sich. Mit den Behörden, mit dem gesamten System.

„Vergiß es einfach! Hau es Dir aus dem Kopf. Solch einen Weg können wir nicht gehen – wir werden Probleme bekommen – mit dem Schulsystem, mit Behörden und Gerichten – und mit dem Jugendamt! Ich habe auf solche Nummern wirklich keine Lust. Zumal ich nicht allein das Sorgerecht für Dich habe. Ich kann gar nicht entscheiden. Wir werden auf allen Ebenen Streß haben – das schaffe ich einfach nicht. Vergiß es bitte!“

Mimi bat mich, mich dennoch weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Herauszufinden, wie die anderen es machen. Ob es nicht doch Lösungen und Wege gäbe. Ich versprach ihr, das zu tun – legte das ganze Thema allerdings bald ad acta – in der Hoffnung, dass das Gras des Vergessens schnell und dicht wachsen würde.

Ab und an sprach mich meine Tochter auf das Thema an. Ab und an erinnerte sie mich – und ich sagte: „Ja, ich schaue.“ So verbrachten wir ein weiteres Jahr miteinander. Mimi ging mittlerweile auf ein tolles Gymnasium, eine musikbetonte, wunderbare Schule, hatte eine tolle Klasse und nette Lehrer – und wir dachten alle, das Thema sei nun vergessen.

Und dann kam Januar 2017.